kein mensch ist illegal hamburg

"Ihr sollt wissen, daß kein Mensch illegal ist.
Das ist ein Widerspruch in sich. Menschen können schön sein oder noch schöner. Sie können gerecht sein oder ungerecht. Aber illegal? Wie kann ein Mensch illegal sein?"

Elie Wiesel

Freitag, 27. Juli 2012

Ein Wochenende auf dem No Border Camp Köln/Düsseldorf

Freitag,den 20.7. fuhren wir,die „No Border Cats“, nach Köln um am letzten Wochenende des No Border Camps teilzunehmen.Vor allem am Flughafenaktionstag in Düsseldorf wollten wir unbedingt dabei sein, um mit einer sogenannten „airberlin Image-verschmutzungs-kampagne“ zu versuchen,die Fluggesellschaft airberlin unter Druck zu setzen,dass schmutzige Geschäft mit Abschiebungen aufzugeben.


Auf dem No Border Camp angekommen fiel uns sogleich die gedrückte Stimmung auf.
Passend dazu fing es erst einmal an zu regnen was uns aber nicht sehr störte,da wir im Ausstellungszelt von Boats 4 People sogleich Gleichgesinnte trafen,die schon dabei waren Informationsheftchen, über den Abschiebeflughafen Düsseldorf ,in Kotztütchen,mit der Aufschrift:“Air Berlin Abschiebungen sind zum Kotzen“ zu stecken.
Kurzerhand holten wir die Informations-Boardingcards für Flugreisende,über die von der EU Grenzschutz-Agentur Frontex organisierten und finanzierten Charter-Sammel-Abschiebungen nach Serbien,Mazedonien und in den Kosovo,durchgeführt von airberlin,startend am Düsseldorfer Flughafen.Gemeinsam bereiteten wir handliche Informationstüten vor,die wir am Samstag am Düsseldorfen Flughafen an die Passagiere verteilen wollten.

Das Camp war relativ leer,da die meissten Aktivist_innen in Düsseldorf waren,wo an diesem Freitag das Französische Konsulat,in Solidarität mit den Sans Papiers in Calais besetzt worden war.Die Besetzer_innen wollten vor allen Dingen Öffentlichkeit schaffen,für die mysteriösen „Selbstmorde“,dreier Sans Papiers in Calais und die Verfolgung und Vertreibung der Migrant_innen ,auf ihrem Weg nach Gross Britanien,durch die Französische Polizei,.Im Vorfelde der olympischen Spiele in London soll wohl das Flüchtlingselend zwischen Frankreich und Gross Britanien aus dem Blickfeld der Reisenden vertrieben werden.

Auch wurde in Düsseldorf die Landeszentrale der Grünen besetzt ,um die Grünen,die in Nordrhein-Westfalen an der Landesregierung beteiligt sind ,aufzufordern dafür zu sorgen, das die Menschenverachtenden Auflagen,der Polizei,gegen das Protestcamp der Hungerstreickenden Asylbewerber,aufgehoben werden.
In Düsseldorf protestieren Geflüchtete gegen die unerträglichen Bedingungen in denen sie, in Lagern isoliert und der Residenzpflicht unterworfen,leben müssen,.Sie sagen,sie schlafen lieber draussen als ims Lager zurück zu gehen.,Genau das ist ihnen aber von der Polizei verboten worden und auch ein deutsches Gericht fand,dass,in einem Protestcamp kein Zelt aufgebaut werden darf,kein Mensch schlafen darf und das sich hinlegen oder gar schlafen nicht durch das Demonstrationsrecht abgedeckt sei.Nun patrulliert die Polizei im Halbstundentackt durch das Campt und sorgt dafür,das nicht mal ein Kopf zur Erholung auf einen Tisch gelegt wird.
Um diesen unfassbaren Umgang mit den Protestierenden zu beenden wurde die Parteizentrale der Grünen besetzt und gefordert mit Verantwortlichen Politiker_innen zu sprechen ,ansonsten würden die Aktivist_innen lieber in der Parteizentrale schlafen als ihre Solidarität mit den Protestierenden aufzugeben.Doch alle Grünen befanden sich angeblich im Urlaub und die einzig Anwesende,entschloss sich ,nach mehreren Stunden doch das Haus durch die Polizei räumen zu lassen.Da dieser Vorgang mehrere Stunden dauerte ,auch wenn die Hinausgetragenen nur an der Gefangenensammelstelle vorbeigefahren wurden,kamen die Aktivist_innen erst in der Nacht aufs No Border Camp zurück.

Wir besuchten nach der Füllung unserer Spucktüten und dem Aufbau der Zelte erst mal das Vorbereitungsplenum für den morgigen Flughafenaktionstag.
Die Stimmung schwankte etwas zwischen Verunsicherung und Zweckoptimismus,da es wohl während der Woche zu heftigeren Auseinandersetzungen über die Strukturen und Dominanzen innerhalb des Camps gekommen war.
Etwas improvisiert und doch sehr professionell wurde der zu erwartende Ablauf der Demonstration von der S-Bahn Haltestelle in Düsseldorf besprochen Es sollte vorbei gehen an dem Verwaltungssitz von airberlin,,Tor 36,am Gate F,dem weit abgelegenen Gate ,an dem die Frontex Sammel Abschiebungen ins ehemalige Jugoslawien stattfinden,sowie Gate Gourmet,einer Firma,die die Bordmahlzeiten produzieren und durch schlechte Arbeitsbedingungen,vor allem für Migrant_innen, und mangelnde Bereitschaft ,mit ihren Angestellten eine Verbesserung zu erreichen,in Verruf geraten ist. Die acht stündige Kundgebung vor den airberlin Schaltern im Abflug Terminal des Flughafens wurde auch erläutert..Die Auflagen der Polizei waren geradezu lächerlich,so sollten überhaupt nur 50 Teilnemer_innen der Kundgebung auf einer eigens dafür markierten Fläche,von der gefühlten Grösse eines Strandtuche, beiwohnen dürfen.Die Demonstration die am Terminal C in den Flughafen eintreten wollte ,wurde auf 300 Teilnemer_innen innerhalb des Gebäudes beschränkt,die „Überzähligen“ sollten auf einem eigens dafür abgesperrten Parkplatz weiter demonstrieren.

Wir entschieden uns für die Kundgebung vor den Schaltern von airberlin und verabredeten uns für einen späteren Zeitpunkt, zu einem kleinen Treffen,der Kundgebungs-teilnemer_innen.

Die Vokü von La Sabote war unglaublich gut ausgestattet,es gab sogar eine eigene Bäckerei,die frisches Brot gebacken hat und was für welches..Wir besuchten kurz das Vorbereitungstreffen und trafen uns zum gemütlichen Bier trinken mit weiteren Freund_innen an der sehr schön unter der Eisenbahnbrücke gelegenen Bar.

Samstag den 21.7 ging es dann recht früh los,im Flugbegleiter_innen Outfit von unfairberlin fuhren wir nach Düsseldorf und fanden auch sogleich unsere angemeldete Kundgebung.
Auf dem Fussboden,um die Abflugtafel, war eine winzige Fläche mit schwarz-gelben Klebeband präpariert worden,dort und nur dort sollten sich bis zu 50 Personen laut Polizeiansprache aufhalten.Nochmal so viele Beamt_innen bildeten in 5 Metern Abstand nahezu eine Kette um den markierten Bereich.Es hatte etwas zutiefst lächerliches,konnte aber natürlich so nicht akzeptiert werden.Nach recht zähen Verhandlungen, durch die Versammlungsleiter_innen,wurde uns zumindest gestattet zu viert Informationsmaterial an die Fluggäste zu verteilen,wobei wir stets nur zu viert sein durften,das wurde peinlich genau überwacht und sogleich wurden wir durchgezählt,wenn der Eindruck entstand,wir wären vielleicht doch gar fünf.Die Polizeiumrundung wurde etwas aufgelockert und ballte sich nun an den Stützpfeilern der Halle.Wir erhielten die Erlaubniss, uns zu viert bis zu einer schwarz gefliesten Linie ,sowie in einer gedachten diagonalen Flucht zum Eingang bewegen zu dürfen.An die Schalter von airberlin durften wir selbstredent nicht herantreten.Die meissten Flugreisenden waren irritiert über das grosse Polizeiaufgebot,Einige vermuteten gar einen Anschlag,oder eine Bombendrohung.Ob unseres Steward_essen Outfits und weil die meissten Menschen wohl doch Angst vor der Polizei haben, wurden aber hauptsächlich wir angesprochen,was denn hier los sei und so konnten wir sofort aufklären,dass wir vom No Border Camp Köln/Düsseldorf seien und heute hier gegen Abschiebungen,speziell die Frontex-Charter-Sammelabschiebungen mit airberlin demonstrieren.Die meissten Leute waren sehr aufgeschlossen und interessiert,sie waren genau wie wir der Meinung,dass airberlin Menschen in den Urlaub fliegen sollte und nicht in Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit,auch nicht in Armut und rassistische Verfolgung.
Einige dankten uns sogar für unser Engagement und nur ein Einziger liess seine Frau die unfairberlin Fleyer und Bookletts wieder zurück bringen,da sie nicht für Abschiebung sondern dagegen seien.Auch beschwerten sich einige Passagiere bei den Kundgebungs-leiter_innen,dass airberlin so schnell auf die Proteste reagiere und eigene Stellungsnamen verteilen lässt,die sie unter Protest,von uns angenommen,aber noch nicht gelesen hätten.Diese Menschen konnten natürlich sofort beruhigt werden,dass es sich um Informationsmaterial gegen die Kollaboration von airberlin bei Abschiebungen handelt und wir Teil der Kundgebung.

In der „Klebebandzone“ wurden Videos zum Thema gezeigt, unter Anderem Interviews mit,von Abschiebung bedrohten,,Romafamilien.Auch gab es eine Fotoausstellung über die Situation anderer Romafamilien nach ihrer Abschiebung nach Serbien und Mazedonien..Ein kleines Kammerorchester spielte zwischendurch auf und es wurden Reden gehalten z.B.von The Voice Refugee Forum zu den erzwungenen Botschaftsanhörungen und den Frontex Sammel-Abschiebungen nach Nigeria,die hauptsächlich von Wien und Dublin aus starten und dann in Zwischenlandungen,auf deutschen Flughäfen,noch mehr Menschen gegen ihren Willen und in Polizeibegleitung nach Nigeria ausfliegen.Wir stellten die „unfairberlin.com, Abschiebung ist zum Kotzen“ Kampagne vor und forderten die Passagiere auf ,sich bei airberlin zu beschweren oder mit einer anderen Fluggesellschaft zu fliegen.
Die Jugendlichen Ohne Grenzen sprachen über ihre Situation unter.Anderem.als
Geduldete,die ausgeschlossen werden von Bildung,Ausbildung und jeglicher Perspektive beraubt werden,für eine selbstbestimmte Zukunft.Auch müssen sie jeden Tag Angst vor der Abschiebung haben.Sie fordern gleiche Rechte für Alle und die Abschaffung aller rassistischen Sondergesetze..Roma-Organisationen erzählten von den katastrophalen Lebensumständen der Roma z.B in Serbien und im Kosovo,wo die Arbeitslosenquote bei teilweise 98 % liegt und nur jedes dritte Kind zur Schule gehen kann und forderten ein generelles Bleiberecht für Alle.

Da wir nur zu viert Informationen verteilen durften,schlossen sich die Anderen unserer Gruppe der Demonstration an.Nach einstündiger Verspätung setzte die sich in Bewegung, durch doch eher spärlich besuchtes Gelände in der sogenannten Airport City.Doch immerhin fast 800 Menschen waren dem Aufruf des No Border Camps und verschiedener Gruppen gefolgt,so wurde es ein grosser,kräftiger Protestzug,der jedoch recht spät am Flughafengebäude ankam.Dort musste wohl erst verhandelt werden,wie denn nun die 300 Personen Beschränkung,innerhalb des Gebäudes funktionieren solle.Auf jeden Fall dauerte es eine ganze Zeit bis die ersten Demonstrant_innen den Terminal durch ein enges Polizeispalier betraten.Tatsächlich liessen die Ordnungskräfte nur eine sehr begrenzte Anzahl Menschen rein und es glich doch stark einem Wanderkessel.Allerdings war die Akustik im Flughafen sehr gut,sodass die Parolen und Sprechchöre durchs gesammte Gebäude drangen und gut zu verstehen waren.
Viele der Teilnemer_innen,,die keinen Einlass mehr fanden,waren aber von den anderen Flughafennutzer_innen kaum zu unterscheiden,auch wenn die Polizist_innen immer Allen auf die Füsse guckte,da sie glaubten am Schuhwerk die Protestierenden erkennen zu können.So„sickerten“ viele weitere noch durch andere Eingänge in die Terminals ein.
Die Demonstration im Spalier wurde dann durch eine enge Polizeikette ,in recht grosser Entfernung der Kundgebung, ausgebremmst und den Teilnemenden wurde nur der Weg nach draussen gestattet.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts,dass Demonstrationen und Kundgebungen in Flughäfen und Ähnlichem ausdrücklich als Teil der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu erlauben seien,müssen die verantwortlichen Behörden wohl erst wieder lernen,dieses Grundrecht auch zuzulassen.

An unserem Kundgebungsort gingen uns langsam die Passagiere aus,da nur noch eine airberlin Maschine pro Stunde anounciert war und so bereiteten wir langsam unsere Rückfahrt vor.Wir trafen noch unsere Tütenfüllkolleg_innen von „Air Berlin Abschiebungen sind zum Kotzen“ und sie verteilten mit ihren kleinen Rollkoffern,die sie hinter sich herzogen,weiter eifrig Informationsmaterial .

Ein Trupp Beamt_innen folgte uns bis zum Parkhaus,aufgeregt in ihre Funkgräte sprechend, aber am Parkscheinautomaten wurden sie wohl gewahr,dass sie nicht zu Fuss folgen können und drehten um.

Zurück auf dem Camp gab es erst mal ein schon bereitstehendes Essen von der Vokü und bequemere Kleidung.Dann gingen wir mal in die Stadt.

Sonntag lauschten wir noch dem Abschlussplenum,Viele der Anwesenden waren teils enttäuscht,teils frustriert von der Stimmung und den Auseinandersetzungen der vorangegangenen Tage.Da wir erst Freitagabend gekommen waren,konnten wir nicht wirklich beurteilen ,wie damit umzugehen zu sein wird..
Bei endlich tollem Sonnenschein mussten wir uns,für den Rest des Tages,ins Auto setzen.
So oder so ähnlich war das.,in Köln/Düsseldorf.
Eure No Border Cats