60
Aktivist_innen protestieren gegen Massenabschiebungen von Roma aus dem
Lager in Horst (bei Boizenburg / MV) und bekunden ihre Solidarität mit
den Betroffenen
Pressemitteilung
der Kampagne Stop it! Rassismus bekämpfen – alle Lager abschaffen und
der Antirassistischen Initiative Rostock; 19.11.2012
Heute
Morgen fanden sich vor dem Erstaufnahme- und Abschiebelager in Horst
bei Boizenburg etwa 60 Aktivist_innen aus MV, Hamburg und
Niedersachsen, sowie Politiker_innen der Partei Die Linke ein, um gegen
die für heute geplante Massenabschiebung von Roma nach Serbien zu
protestieren.
Ein Bus des Boizenburger Unternehmens Go Trans sollte um
9 Uhr die etwa 50 Flüchtlinge, unter ihnen viele Kinder, von Horst
direkt nach Serbien bringen. Die betroffenen Flüchtlinge wurden laut
eigenen Angaben zuvor von den Behörden unter massivem Druck und
Drohungen zu einer sogenannten „freiwilligen Rückkehr“ gedrängt.
Kurzfristig
meldete Christiane Schneider, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der
Partei Die Linke Hamburg, spontan eine Kundgebung vor dem Eingang des
Lagers an. Mit Transparenten und Sprechchören wie „Kein Mensch ist
illegal! Bleiberecht überall!“ zeigten sich die Demonstrant_innen
solidarisch mit den betroffenen Roma. Auch viele der Roma aus dem Bus
sowie aus dem Lager stimmten in die Sprechchöre ein und forderten, die
Abschiebungen zu stoppen. Vor Ort versuchten Aktivist_innen mit einer
Sitzblockade den Bus an seiner Abfahrt zu hindern.
Trotz aggressiven
Verhaltens seitens der Polizei, die Demonstrant_innen aus der Blockade
wegtrug, konnte die Abfahrt des Busses um mehrere Stunden verzögert
werden.
Zum Ende wurde in einem gemeinsamen Gespräch mit den Personen
im Bus die Auflösung der Blockade beschlossen, um die emotional
belastende Abschiebesituation vor allem für Kinder nicht weiter in die
Länge zu ziehen. „Durch den Protest haben wir verhindert, dass die
Abschiebungen fernab der Öffentlichkeit stattfinden.
Gerade die
abgeschiedene Lage des Lagers in Horst erschwert jedoch die Möglichkeit
einer kontinuierlichen Unterstützung der Flüchtlinge und des
Widerstands gegen Abschiebungen.“, so Kim Ayalan, Pressesprecherin der
Kampagne „Stop it! Rassismus bekämpfen – alle Lager abschaffen“.
In
Serbien erwartet die Abgeschobenen ein Leben, dass durch strukturelle
antiziganistische Diskriminierung und Verfolgung gekennzeichnet ist.
Als Minderheit wird ihnen der Zugang zu Arbeitsmarkt, medizinischer
Versorgung und Bildungssystem fast vollständig verwehrt. Ein Großteil
der Roma ist von Obdachlosigkeit und großer Armut betroffen. Für Hikmat
Al-Sabty, Landtagsabgeordneter und migrationspolitischer Sprecher der
Partei Die Linke, ist diese Diskriminierung ein Asylgrund. „Die Roma
müssen einzeln angehört werden und verdienen ein faires
Asylverfahren!“. Darüber hinaus appellierte er, sowie auch der
Hamburger Flüchtlingsrat und die Stop it! Kampagne an die Regierung von
MV, die Abschiebungen zumindest für den Winter auszusetzen.
„Die
heutige Massenabschiebung in Horst muss im bundesdeutschen Kontext
betrachtet werden. Die antiziganistische Hetze, die vom
Bundesinnenminister Friedrich sowie von den Landesinnenministern
Caffier (Mecklenburg-Vorpommern) und Schünemann (Niedersachsen)
geschürt wird, in der Roma kollektiv der Missbrauch des Asylrechts
vorgeworfen wird, hat für die Betroffenen fatale Folgen. Der derzeitige
Umgang mit Roma 20 Jahre nach dem Pogrom in Lichtenhagen und kurz nach
der Einweihung des Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten
Sinti und Roma, ist für uns unsäglich und zeigt wie tief Antiziganismus
weiterhin auch auf institutioneller Ebene verankert ist!“
Wir
fordern die politisch Verantwortlichen in MV und wie auch in Hamburg
auf, alle weiteren Abschiebungen und erzwungenen "freiwilligen
Rückkehren" nach Serbien und Mazedonien sofort zu stoppen!