kein mensch ist illegal hamburg

"Ihr sollt wissen, daß kein Mensch illegal ist.
Das ist ein Widerspruch in sich. Menschen können schön sein oder noch schöner. Sie können gerecht sein oder ungerecht. Aber illegal? Wie kann ein Mensch illegal sein?"

Elie Wiesel

Dienstag, 26. Februar 2013

Aufruf zu Demo am 06.04.2013 in Hamburg

                         GEGEN RASSISMUS 
                                               UND AUSGRENZUNG!


Alltäglicher Rassismus

Rassismus ist in Deutschland ständig präsent. Er geht nicht nur von einzelnen (Neo)Nazis aus, sondern ist fest in der Gesellschaft, der Politik, den Medien und der Wissenschaft verankert. Diskriminierenden Begriffe, die z.B. Menschen auf ihre wirtschaftliche Verwertbarkeit reduzieren und die kulturrassistische Gleichsetzungen des Islam mit „Ehrenmorden“ oder „Terrorismus“, tragen zu einem feindlichen gesellschaftlichen Klima bei, das in offener Gewalt, wie in den Brandanschlägen von Rostock-Lichtenhagen oder den NSU-Morden, seine Zuspitzung findet.
                                      

 Staatlicher Rassismus kriminalisiert, grenzt aus und tötet

Eine ganze Palette von rassistischen Sondergesetzen stempelt Asylbewerber*Innen zu Menschen zweiter Klasse ab. Sie werden in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, man zwingt sie in Lagern zu leben, sie dürfen die ihnen zugewiesenen Orte nicht verlassen (Residenzpflicht), man verweigert ihnen das Recht auf Arbeit und beschneidet ihr Recht auf Bildung, Sozialleistungen, medizinische Hilfen usw. Hinzu kommt die allgegenwärtige und zermürbende Bedrohung durch Abschiebung und die Inhaftierung in Abschiebeknästen.
                                                                     
Grundrecht auf Asyl?

Vor 20 Jahren wurde durch eine Verfassungsänderung das Grundrecht auf Asyl quasi abgeschafft. Ein Recht auf Asyl haben demnach nur noch Menschen, die nicht über einen sogenannten sicheren Drittstaat nach Deutschland gekommen sind, was fast nur mit einem Flugzeug möglich ist. Deutschland schottet sich damit immer mehr gegen Flüchtlinge ab, anstatt sich zu einer Mitverantwortung für viele Fluchtursachen zu bekennen.
                                                                      
  Festung Europa

Der Angriff auf Flüchtende fängt aber bereits an, bevor sie Deutschland und Europa überhaupt erreicht haben: Seit 1993 führt die EU an ihren Außengrenzen einen nicht erklärten Krieg gegen Flüchtlinge und Migrant*Innen, dem laut UNHCR 16.000 Menschen zum Opfer fielen. Allein 2011 haben über 2.000 Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ihr Leben verloren – und das sind nur die offiziellen Zahlen. Die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX kontrolliert im Verbund mit Militär und Polizei durch monströse Zaunanlagen, High-Tech-Überwachung, Abschiebeknäste und Dauereinsätze die EU-Außengrenzen und das Mittelmeer. Verweigerungen von Rettungsmaßnahmen gegenüber Schiffbrüchigen belegen, dass das »Sterben lassen« offensichtlich zur EU-Abschreckungsstrategie gehört. Doch das Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit kann nicht genommen werden, lediglich das Leid wird größer.
                                                   
Nutzen des Rassismus für den Kapitalismus

Für die Herrschenden in Politik und Wirtschaft ist Rassismus durchaus nützlich: Außenpolitisch dient er geostrategischen und militärischen Interessen. Mit rassistischen Feindbildern wird der Eindruck der ständigen Bedrohung – und so die Zustimmung der Bevölkerung zur deutschen Kriegspolitik – geschaffen. Nach innen sichert rassistische Ideologie das System ab und vernebelt die Ursachen sozialer Ungerechtigkeit: Berechtigter Unmut in der Bevölkerung wird so nicht zu Protest gegen die Klassengesellschaft, sondern sucht sich rassistisch „Sündenböcke“. Die Spaltung in „wir“ und „die Anderen“ legitimiert außerdem die verschärfte Ausbeutung von Migrant*Innen, die Einführung von Überwachungsmaßnahmen, (rassistische) Kontrollen usw.
                                                               Rassismus geht alle an

Dass Rassismus schon seit langem auf den Müllhaufen der Geschichte gehört, ist klar. Doch Rassismus reproduziert sich auch deshalb immer wieder, weil er nicht nur Menschen diskriminiert, sondern gleichzeitig anderen auch Privilegien verschafft. Vorurteile beeinflussen alltägliche Entscheidungen: Wo z.B. Menschen wegen ihres vermeintlich nicht deutschen Namens keine Wohnung bekommen, profitieren andere. Der Kampf gegen Rassismus geht also alle etwas an und muss auf allen Ebenen geführt werden. Jede*r kann bei sich anfangen, rassistische Sprache, Vorurteile und rassistisches Handeln zu erkennen und zu ändern.
                                                              
Hamburg – das Tor zur Welt?

Hamburg gibt sich als weltoffene Stadt (und Tor zur Welt). So verkündete der Bürgermeister Scholz zum Naziaufmarsch am 2.6.2012 wie tolerant Hamburg doch sei.
Dabei ist es die SPD, die trotz vorheriger Kritik als Oppositionspartei den am 30.09.2012 ausgelaufenen Vertrag für das Erstaufnahmelager in Horst verlängert und sogar erweitert hat. Das ist ein abgelegenes Lager für ankommende Asylbewerber*Innen in Mecklenburg-Vorpommern. Den Menschen dort ist der Zugang zu Beratungsstellen, Anwält*Innen, Krankenhäusern oder zu einer vernünftigen Schulbildung nahezu unmöglich. Sie sollen vom Rest der Gesellschaft isoliert werden.
Auch im Umgang mit Roma, welche seit Jahrhunderten verfolgt werden und während des deutschen Faschismus systematisch ermordet wurden, zeigt die Stadt Hamburg unmenschliche Härte. So finden selbst im Winter Abschiebungen ganzer Familien nach Serbien, Mazedonien und in den Kosovo statt, wo Roma sich struktureller Diskriminierung und immer öfter auch rassistischer Gewalt gegenübersehen. 2011 und 2012 wurden aus Hamburg insgesamt 256 Menschen (fast nur Roma) nach Serbien und Mazedonien abgeschoben. Über 400 Menschen wurden zur sogenannten „freiwilligen Ausreise“ gezwungenen. Und selbst die 13 Hamburger Roma-Familien, die 2011/12 gemeinsam für ihren Aufenthalt gekämpft haben – unter anderem durch Petitionen an die Hamburger Bürgerschaft – wurden (bis auf eine Familie) alle zur Ausreise gezwungen oder abgeschoben.
                                       Rassimus bekämpfen – Solidarität mit dem refugee strike!

Es gibt jedoch auch immer wieder Menschen, die sich der rassistischen Normalität widersetzen und für ein besseres Leben eintreten. In der Bewegung für die Verteidigung der Rechte von Geflüchteten haben sich z.B. Menschen aus verschiedenen Ländern zusammengeschlossen, um gegen die unmenschlichen Bedingungen zu protestieren, von denen sie unmittelbar betroffen sind. Die Geflüchteten setzen sich für Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit ein. Wir unterstützen ausdrücklich die Forderungen dieser Proteste!
– Den Stopp aller Abschiebungen
– Die Abschaffung der Residenzpflicht
– Die Abschaffung der Lagerpflicht und die Schließung aller Isolationslager!
– Die Anerkennung aller Asylsuchenden als politische Geflüchtete
Wir lassen uns nicht spalten! – Gemeinsam kämpfen wir für eine solidarische Gesellschaft, frei von jeglicher Form des Rassismus! Wir wollen eine Welt, in der Menschen und ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen, nicht Profite und Machtinteressen.

ATESH- Für eine sozialrevolutionäre Perspektive!
Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
Linksjugend ("solid) Hamburg
Noya Hamburg
SDAJ Hamburg
Wohnschiffprojekt Altona e.V.
kein mensch ist illegal -Hamburg

Dienstag, 19. Februar 2013

Entführte Kind eines der somalischen Angeklagten frei!


Brief an die am "Piraten"prozess interessierte Öffentlichkeit!  

Während das schriftliche Urteil erst jetzt bei den Rechtsanwälten angekommen ist, ist das entführte Kind eines der somalischen Angeklagten  frei! Es konnte freigekauft werden mit Solidaritätsgeldern aus dem Verkauf des PPixi-Buchs mit der Geschichte der Entführung.    

Die mündliche Urteilsverkündung fand im November 2012 statt. Anschließend haben alle Angeklagten - mit Ausnahme des  Kronzeugen - Revision eingelegt. Aber der Druck der 2-jährigen Untersuchungshaft hat  seine Wirkung nicht verfehlt und so  war der Wunsch der Gefangenen nach  besseren Haftbedingungen im "regelvolzug" in Fuhlsbüttel größer und  einer nach dem anderen zog den  Revisionsantrag zurück. Zur Zeit haben  noch zwei der damals Minderjährigen Revisionsanträge gestellt.  

Die Kammer blieb der Tradition des Prozesses treu und hat erst nach fast drei Monaten das schriftliche Urteil herausgegeben, während das mündliche Urteil - Wort für Wort von ProzessbeobachterInnen transkribiert - seit Wochen auf reclaim-the-seas.blogspot.com nachzulesen ist. Das Urteil ist rechtsgültig, aber es ist eben erst jetzt den Rechtsanwälten zugestellt worden. Diese haben nun eine Frist von einem Monat, die Revision zu begründen. Es könnte der Eindruck entstehen, dass die Kammer so lange wartete, bis die Gefangenen ihre Revisionsanträge zurückgezogen haben und das öffentliche Interesse am Urteil völlig verschwunden ist und keine Medien mehr darüber berichten.   

Aber es gibt etwas Positives zu berichten, das die Öffentlichkeit interessieren könnte: Die Freilassung des Kindes eines der Angeklagten.

Dieser hatte ausführlich vor Gericht erzählt, wie er als Fischer keinen Fisch mehr fangen konnte, Schulden beim Lebensmittelhändler hatte und dieser dann seinen 5-jährigen Sohn entführte, um die Schulden einzutreiben. Deshalb sei er mit auf die Taipan gegangen, um das Geld für die Auslösung seines Sohnes zu verdienen. 

Die Solidaritätsgruppe hat 2012 die Geschichte in Form eines illustrierten PPixi-Buchs aufgeschrieben, von dem 380 handsignierte Exemplare für 5,- verkauft wurden, um das Geld zu sammeln und dem Angeklagten - der absolut verzweifelt in U-Haft saß - zu geben, um sein Kind freikaufen zu können.

In Dezember 2012 war das Geld zusammengekommen und wurde im Januar 2013 an den Ladenbesitzer übergeben, der das Kind freigelassen hat. Was zunächst unmöglich schien, wurde möglich.   

Die Freilassung des Kindes ist eine Bestätigung, wie anmaßend es von einem deutschen Gericht ist, über das Leben in Somalia urteilen zu wollen. Die Kammer hatte bei der Urteilsverkündung dem Angeklagten vorgeworfen, gelogen zu haben, weil er die Geschichte der Kindesentführung in seinen letzten Worten nicht noch einmal wiederholt hatte.   

Und noch ein Hinweis an das Gericht: Es gibt zum Glück auch ein Leben außerhalb Ihres Gerichts, und in diesem anderem Leben wusste der Angeklagte, dass Geld für sein Kind gesammelt wurde. So stand er nicht mehr unter Druck, Ihnen das zu erzählen. Er hatte die Hoffnung aufgegeben, vom Gericht verstanden zu werden.

Stattdessen gibt es Menschen außerhalb der Gerichtswelt, welche die Gefangenen nicht allein lassen wollen. Die Prozessbeobachtungs-Gruppe plant weitere Veranstaltungen, Hafenrundfahrten, Ausstellungen und Filmvorführungen und verkauft das PPixi-Buch weiter, um die Gefangenen zu unterstützen und ihre Situation hier, aber auch in Somalia öffentlich zu machen.   

UnterstützerInnengruppe der somalischen Angeklagten
kein mensch ist illegal, Hamburg;
Dritte-Welt-Hafengruppe,Hamburg   

Reclaim-the-seas.blogspot.com