Das italienische Fernsehen zeigt ein Video von Flüchtlingen auf der Insel Lampedusa. Zu sehen sind Menschen, die sich ausziehen müssen und desinfiziert werden. Die Bürgermeisterin fühlt sich an eine "Art Konzentrationslager" erinnert.
Von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom
Mehr als zwei Monate nach dem tragischen Unglück vor Lampedusa steht die Insel erneut im Blickpunkt der italienischen Öffentlichkeit. In einem Fernsehbeitrag, den der Fernsehsender RAI 2 gestern ausstrahlte, werden Amateuraufnahmen aus dem Aufnahmezentrum gezeigt.
Zu sehen ist, wie Flüchtlinge im Innenhof des Zentrums Schlange stehen müssen, um sich dann nackt auszuziehen und einer Desinfektionsbehandlung zu unterziehen. Einer der Migranten hat die Szene mit der Handy-Kamera gefilmt. "Sie behandeln uns wie die Tiere", sagt er in dem Beitrag.
"Eine Art Konzentrationslager"
Der Film wurde nach Angaben der RAI am vergangenen Freitag gedreht. Unter den derart behandelten Flüchtlingen sollen sich auch Überlebende des Unglücks vom 3. Oktober befinden.
Die Bürgermeisterin der Insel, Giusi Nicolini, reagiert entsetzt: Die Bilder zeigten eine "Art Konzentrationslager", sagt sie. Sie seien der Beweis dafür, dass Italien sein Aufnahmesystem ändern müsse.
Schock-Video aus Lampedusa sorgt für Entsetzen
T. Kleinjung, ARD Rom
17.12.2013 17:24 Uhr
T. Kleinjung, ARD Rom
17.12.2013 17:24 Uhr
Erinnerungen an Abu Ghraib
Menschenrechtsorganisationen sprechen von "unwürdigen Szenen" für ein zivilisiertes Land, die an die traurigen Bilder von Abu Ghraib erinnerten. Der Erzbischof von Agrigent, Francesco Montenegro, sagte: "Kein Notstand rechtfertigt Behandlungen, die offensichtlich nichts mit der Menschenwürde zu tun haben."
Laut Flüchtlingen sollen die Desinfektionen im Zentrum wöchentlich stattfinden. Auch Frauen müssten sich dieser Behandlung unterziehen.
Stand: 17.12.2013 17:51 Uhr