Lesvos 2018.
Ein Bericht.
Ein Bericht.
Lied..... (Daria singt)
Daria ist 24 und Musikerin aus Kamerun, seit 6 Monate
im Hotspot Moria, alleinstehende Mutter
die ihre 3 kleine Kinder zurücklassen musste. Ihre Fluchtgeschichte, ihre
Gefühle, verarbeitet sie in Lieder, es ist ihr Weg das auszuhalten.
Sie wohnt in einem Container im
Hotspot Moria mit mehrere andere Frauen: Shery, ein Studentin aus dem Kongo auch
zu Hause Mutter, die träumte weiter studieren zu können , jetzt sagt sie:
„Ich träume nicht mehr hier,
ich bin wie ein Stück
Papier....“
und Gisela die gegen ihren Willen schwanger wurde. Ihr Kind
wird im Hotspot Moria geboren. Die Frauen halten zusammen um
den Gefahren und Ungerechtigkeiten was entgegen zu setzen.
Dshjungel beim Olive Groove- c: m.stroux |
Im Hotspot Moria gibt’s nicht
nur keine Apotheke es gibt auch nur einen offiziellen Arzt für die 6.000 Menschen
(11.11.18).
Miriam war schwanger
angekommen, nach der Geburt ihres Kindes im Krankenhaus in Mitilini wurde sie nach
Moria gebracht, ohne das Baby. Man gab ihr ein Papier auf Griechisch, was sie
nicht lesen konnte. Sie und ihr Mann waren so erschrocken und hatten niemand den
sie fragen konnten, warum ihr Baby nicht ihnen gegeben wurde. Freudinnen haben sie
getroffen, Tage später und nach Recherchen im Krankenhaus und Lesen der Papiere
die sie bekommen hatte, stellten wir fest,
dass das Baby mit einem Militärflieger nach Athen, gleich nach der Geburt,
gebracht wurde, wegen gesundheitlicher Probleme. Die Mutter wurde nicht mitgenommen,
da für sie die „geografische Pflicht“ besteht (auf deutsch Residenzpflicht), Dank
dem EU - Turkey Deal. Keiner hat sie informiert. Kein Übersetzer. Erst Wochen
später konnten die Mutter und der Vatter nach Athen um ihr Kind im Krankenhaus endlich
in die Arme zu schließen.
Das sind nur ein paar, von
hunderten von Dramen die sich alltäglich im Hotspot Moria, unter den über 6.000
Menschen abspielen, ohne das irgendjemand das mitkriegt.
Um auf die Situation im
Hotspot Moria aufmerksam zu machen und dagegen zu protestieren haben sich, im
April 2018, afghanische Familien mit kleinen
Kindern entschieden zu einem friedlichen Protest auf den Sapho Platz. Da Moria
weit weg ist und somit unsichtbar für Viele, hatten sie beschlossen ins Zentrum
der Stadt zu gehen und da zu bleiben mit ihren Forderungen:
Schnelle Registrierung und Weiterreise.
Nach ein paar Tagen des friedlichen
Protestes haben Faschisten sie am 22. April angegriffen. 8 Stunden lang umzingelt und
mit Steinen und Schlagstöcken angegriffen. Mehrere Menschen, darunter Frauen
und kleine Kinder, wurden mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Die Polizei
stellte sich stundenlang zwischen die Gruppen, aber in einer Entfernung, die das
weiter werfen von Steinen, von Seiten der Faschisten, möglich machte.
Solidarische Menschen stellten sich dazwischen und wurden auch verletzt und
festgenommen. Mit der Festnahme aller Flüchtlinge, zu „ihrem Schutz“ und einer
noch nie gesehenen Jagd auf Unterstützer*innen und Flüchtlinge im Zentrum der
Stadt, endete dieses Pogrom vom Sapho Platz.
Als wir am nächsten Morgen
aus dem Schiff von Piräus stiegen hing Tränengasgeruch überall in der Luft und
die Stadt war gelähmt von den Angriffen.
Faschisten auf Lesvos hat es
in so einer Form noch nicht gegeben.
Die Meute bestand aus
bekannten lokalen Faschisten, verstärkt durch vom Festland Eingereiste, aber
auch aus jugendlichen Fußballhooligans und auch aus manchem bekannten Ladenbesitzer
der Stadt mit rechter Gesinnung. Offensichtlich war der Angriff lange geplant. Keiner
der Angreifer wurden festgenommen.
Monate später und obwohl genug visuelles Material
der Angreifer existiert, hatte der Staatsanwalt immer noch nix gemacht. Außer Hausdurchsuchungen
und Beschlagnahmung von Computern und
Handys. Alle Angreifer, die meisten stadtbekannt, laufen frei herum.
Für eine Insel wie Lesvos, wo
sehr viele Einwohner*innen selbst eine Migrations-
oder Fluchtgeschichte haben und deswegen eine sehr solidarische und warmherzige
Haltung sich bewahrt haben, ist es ein Schock Rechtsradikale unter sich zu Wissen.
Beim kleinen Einkaufsladen um
die Ecke bringt mir Maritsa immer wieder Tüten mit Kleidung, unauffällig,
sagend: „Du weißt besser wie an die Leute rankommen.“
Neulich gab sie mir eine Puppe,
die ich am selben Tag nach Moria, in den „Dschungel“ zu Mariams kleiner Tochter
brachte. Ich machte ein Foto um Maritsa zu zeigen wie das Kind mit der puppe
glücklich ist. Maritsa sieht am nächsten Tag das Foto und bringt noch mehr Spielzeug,
weil, wie sie mir erklärt, wir haben zu Hause gesehen, da ist noch ein Kind
hinter ihr auf dem Foto und das hat kein Spielzeug.
Solche herzerwärmenden Erfahrungen
mache ich oft in Mitilini. Trotzdem, nicht alles ist rosig.
Nach dem Sapho Platz
Anschlag wurden, bei verschiedensten Zwischenfällen, lokale Journalisten, die
über die Flüchtlingssituation berichten, von Faschisten angegriffen. Es kam zu mehreren
Anklagen. Ein Journalist klagte gegen 18 Personen, die ihn während der Löschung
eines Waldbrandes angriffen und beschimpften er und die Flüchtlinge seien
schuld. Die Angriffe sind immer verbunden mit üblen Drohungen und werden auch
in den Sozialen Netzwerken verbreitet.
Angeklagt sind auch 2 Polizeibeamte,
die im Dienst übergriffig waren und ein Mann der beim Militär ist. Das Gericht
vertagte den Prozess auf nächstes Jahr und ausgerechnet in die Woche in der
Gerichte in Griechenland nicht tagen wegen der Wahlen. Die Faschisten verließen
das Gericht grinsend. Die Justiz ist hier nicht nur blind, sondern auf ihrer Seite.
Faschisten zerstörten das Memorial,
das wir als w2eu und JOGS (Jugendliche ohne Grenzen) in dem Fischerdorf Thermi
vor 6 Jahren aufgebaut haben. Es trug die Namen von ertrunkenen Flüchtlingen. Jedes
Jahr haben wir eine Erinnerungszeremonie vor Ort gemacht mit Angehörigen der
Opfer.
Eine faschistische gruppe namens „Kriptia“ bekennt sich mit einen anonymen Anruf zu der Zerstörung. Obwohl das Dorf sehr klein ist und jeder jeden kennt, niemand will aussprechen wer das gemacht hat.
In diesem Fall stellte die
Menschrechtsbeauftragte des Ministeriums für Justiz in Athen, Strafanzeige
gegen unbekannt.
Die Stimmung ist gereizt auf einer Insel, die als „die linke Insel des Widerstands und der Solidarität“ gilt.
Lesvos antifaschistisches land ist die Parole der Antifaschisten in Lesvos, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, dafür zu sorgen, dass sich die „braune Pest“ nicht weiter verbreitet.
Zurück zum Hotspot:
Pit ist Tutsi aus Burundi, er
war 3 Jahre lang im Knast und wurde gefoltert. Er hat den Kontakt zu seiner Frau
und seinen Kindern während dieser Zeit verloren. Auf der Flucht und auf der Suche
nach seiner Familie kam er in Lesvos an. Er musste monatelang in einem Zelt mit
150 anderen Männern leben, ein großer Teil von ihnen stehen politisch auf der Seite
seiner Folterer. Besonderes abends, wenn er ins Zelt kommt, genießen sie es ihn
mit „Witzen“ über die Tutsi zu
jagen. Er versucht außerhalb von Moria zu bleiben bis die anderen schlafen gehen
und erst dann und nur mit Schlafmittel legt er sich hin um die Panik von ihnen
gefoltert zu werden zu überwinden. Der Mensch ist traumatisiert angekommen und
seit Monaten lebt er unter Bedingungen die seine Traumata wiederbeleben. Trotz
seiner Geschichte hat keine Organisation sich um ihn als Folteropfer gekümmert.
Es wurde
dankbar angenommen, dass er täglich Computer - Kurse für die minderjährigen unbegleiteten
Flüchtlinge, ehrenamtlich, angeboten hat, aber um ihn hat sich niemand
gekümmert.
Aus der selben Angst hat Monsum beschlossen unter Olivenbäumen im Zelt, in der Einsamkeit, zu übernachten. Um die
Feinde, vor denen er aus seinem Land geflohen war, nicht im Alltag sehen zu
müssen.
Der Hotspot, wo die Menschen
auf der Flucht ankommen und hoffen endlich Sicherheit und Ruhe zu finden, bietet
ihnen keine Ruhe, sondern verstärkt ihre Traumata .
Die Flüchtlinge ertragen alles
mit Geduld und Würde. Sie ertragen diese unmenschlichen Verhältnisse und
warten.
Aber ich bin sauer!
Dies ist ein Versuch ein bisschen von dem was ich
dieses Jahr auf Lesvos über 4 Monate erlebt habe sichtbar zu machen.
Ich will versuchen den Umgang
mit dem Ohnmachtsgefühl in Worte zu fassen. So viele Menschen, die statt Schutz
hier von Ungerechtigkeit und organisierte Planlosigkeit empfangen werden. Worte finden um zu zeigen,
was wir aktiv tun um diesen Ungerechtigkeiten etwas entgegen zu schleudern.
Um Solidarität und ein Stück
Unterstützung dagegen zu halten. Die Menschen
willkommen heißen.
Ich glaub das ist das treibende Gefühl bei jedem/jeder
die in Lesvos sich solidarisch einmischt. Und die Erklärung für die unglaublich
vielen solidarischen Menschen, die meistens unbezahlt und mit selbst gesammelten
Spendengeldern, sich dafür entschieden haben da zu bleiben und aktiv zu sein.
Übrigens: in Behördensprache befinden wir uns in einer
POSTEMERGENCY Phase. Wahrscheinlich nennen sie es so weil ständig die Post
abgeht.
Auf der Insel befinden sich grade
(11.11.18) über 8.500 Flüchtlinge.
Nicht alle die von den türkischen
Küsten los wollen kommen auch an.
Momentan wird etwa die Hälfte von der türkischen
Küstenwache zurückgeschickt (pullback) oder es wird verhindert in die Boote einzusteigen.
In einer Woche im Dezember 18
sind
13 Bote mit 509 Menschen
angekommen
und 15 Bote mit 594 Menschen
gestoppt worden.
Viele sterben auf der Strecke.
Im Herbst ist wieder ein Boot
kurz nach der Ausfahrt aus der Türkei untergegangen. Eine irakische Frau schaffte
es zurück zu schwimmen, sie war die einzige Überlebende, ihre 5 Kinder und ihr
Mann waren unter den 30 vermissten.
liste der toten der europäische grenzen am Strand von Skala Sikaminias 2018
liste der toten der europäische grenzen am Strand von Skala Sikaminias 2018
Die viele Solidaritätsgruppen
die seit 2015 an den Stränden auf die Boote gewartet haben und sie empfangen
haben, mussten, nach mehreren Kriminalisierungsversuchen
gegen Rescue Teams, ihre Arbeit umstellen.
ProM aid und Team Humanity haben 2 Jahre auf ihren Prozess
gewartet um dann frei gesprochen zu werden.
Jetzt sind die nächste dran, 4
Menschen von ERCI wird der Prozess gemacht.
Nur im Norden gibt es noch eine
Rescue - Gruppe „Refugee Rescue“, die aber auch keine Erlaubnis bekommt raus zu
fahren zum Retten, sondern täglich neu Trainingszeiten von 2 Stunden beantragen
muss, um überhaupt am Wasser zu sein.
Das die griechische Küstenwache
und Frontex sie öfters selbst zur Hilfe anfordern, liegt an der unglaublichen Geduld,
Kontinuität und Professionalität der Gruppe, die sich trotz allem nicht vertreiben
lässt.
Sie und die 2 Spotting - Teams:
Lighthouse Relief im Norden bei Korakas und Campfire im Süden, bleiben auch mit
großer Kontinuität an den Stränden mit ihren Ferngläsern und sobald sie ein
Zeichen von Leben oder Gefahr sehen, informieren sie die Küstenwache.
Wären die Alle nicht da,
hätten viel mehr Menschen ihr Leben an dieser Meeresenge verloren .
Ein einziges größeres Boot, die „Mare Liberum“ ex „Sea Watch 1“, ist seit 3 Jahren vor Ort und unterstützt mit Monitoring die Menschenrechtsbeobachtungen an der europäischen Grenze .
Täglich kommen Boote an.
Die Menschen, die lebend ankommen,
sind 21% Frauen und 30% Kinder. 7 von 10
sind unter 12 Jahren.
Sie kommen aus Afghanistan, Irak, Syrien, Kongo.
Mindestens 6.000 Menschen leben
in Moria und den umgebenden Oliven Hainen, den Dschungeln.
1.771 Menschen im Kara Tepe Camp.
553 Menschen, darunter minderjährige
Unbegleitete und Familien, leben in Wohnungen, gemietet vom NGOs und dem UNHCR.
Die Lage im Hotspot Moria, wo
alle Neuankommenden hingebracht werden ist explosiv.
6.000 Menschen Leben unter
unmenschlichen Bedingungen, in Containern in Moria, in Zelten um die Container
herum, oder in und über den Olive Groove hinaus. Die ganz neu Ankommenden sind
im sogenannten „Dschungel“, oberhalb des Olive Grooves.
Die Lebensbedingungen würden keinerlei
gesundheitliche oder hygienische Standards bestehen. Obwohl internationale
Medien und NGOs ständig darauf aufmerksam machen, ändert sich nix.
Jede paar Monate beschließt
die EU wieder Gelder an Griechenland zu geben um die Lebensverhältnisse zu
verbessern. Eine Verbesserung ist aber nicht sichtbar.
Die schon registrierten Familien,
wenn sie Glück haben, werden nach ein paar Wochen zum Kara Tepe Camp gebracht.
Ein von der Gemeinde Mitilinis verwaltetes Camp, wo etwa 1000 Menschen unter viel
besseren Bedingungen leben. Leider dürfen alleinstehende Frauen nicht hin, sie
bleiben in Moria.
438 unbegleitete Minderjährige
befinden sich momentan im Hotspot Moria. Darunter viele unter 12 Jahren. Sie
werden betreut im „Safe Space“ innerhalb des Gefängnisses, den sie auch nicht
verlassen können. Für sie sind die Computer - Kurse und die Ausflüge, die von
Lokals organisiert werden, der einziger Lichtblick außerhalb des NATO Drahts.
Alleinstehende Frauen müssen in
Containern und Zelten, monatelang leben, bis sie endlich ihr Interview haben
können und Aussicht auf Transfer aufs Festland haben.
Menschen die heute ankommen,
bekommen ein Interviewtermin für Ende 2019 oder sogar für 2020.
Das liegt an der EASO – Behörde,
die mit viel zu wenigen und meistens schlecht
ausgebildeten Angestellten und Übersetzern die Interviews durchführt.
Nicht nur bei EASO gibt es zu wenig Personal:
Mit einem offiziellen Arzt
für die 8.500 Menschen versucht KELPNO, im Hotspot, die medizinische Versorgung
zu gewährleisten.
Die größeren medizinischen
NGOs: MSF und Ärzte der Welt haben sich aus dem Hotspot Moria rausgezogen, weil
sie die Situation nicht mehr mittragen wollten.
2 ausländische NGOS ( Kitrinos
und BRF Boat Refugee Foundation), versuchen mit Schichten von Ehrenamtlichen
die medizinische Versorgung im Hotspot notdürftig aufrecht zu erhalten, was
beim besten Willen unmöglich ist.
Seit die Regierung
beschlossen hatte selbst den Hotspot Moria zu verwalten, in der Hoffnung so EU-
und Spendengelder die an NGOs gehen, selbst zu nutzen, mussten viele NGOs sich zurückziehen .
Manche Gruppen haben ihre Angebote
in und um Kara Tepe verlegt, wo die Verhältnisse humaner sind.
Oder in Tageseinrichtungen, wie “One happy Family”, “Art Hope Center”, “Home
for All”, “Humans for Humanity”, usw.
Auch wenn die Leitung des
Hotspots angibt, große Anstrengungen zu unternehmen, um die Lebensbedingungen
zu verbessern, ist es unmöglich ein überfülltes Gefängnis so zu gestalten, dass
die Verhältnisse human werden.
Der Hotspot ist bewusst als Gefängnis
geplant und gebaut, nur wegen den hohen Zahlen müssen sie die Tore für einen
Teil auflassen, um nicht ständig „riots“ zu haben.
Wegen einer dieser „riots“ wurden
„die 35 von Moria“ willkürlich festgenommen und angeklagt.
Im Mai 2018, nach einem Jahr
grundlos in Knästen in Griechenland, mit einer solidarischen Begleitung ihres
Prozesses von mehreren Gruppen, wurden alle freigesprochen. Viele von ihnen kamen
gleich wieder im Hotspot Moria, in Abschiebehaft. Die meisten stammen aus
Ländern, wie dem Kongo, Kameroun, oder dem Iran, die durch den EU - Turkey Deal
keine Chance auf Asyl haben.
Erst Ende Oktober 18 wurden
die Letzten freigelassen und sie warten noch immer auf ihren Aufenthalt mit der
Angst vor drohender Abschiebung.
Das sie Opfer ungerechter
staatlicher Behandlung in Griechenland sind, spielt keine Rolle dabei.
Der Hotspot Moria hat sich erweitert,
aus Mangel an Platz, um einen „Dschungel“ der sich über dem sogenannten „Olive
Groove“ befindet, wo die meisten neu Ankommenden hingeschickt werden. Sie
müssen dann in Zelten, selbstorganisiert, sich ein zu Hause aufbauen. Aus Zelten
und Planen. Die Menschen bleiben „freiwillig“ da, weil sie registriert werden
wollen .
Paletten dienen als Fußboden,
damit der Regen nicht in das Zelt reinkommt Sie werden untereinander gehandelt
und sich gegenseitig verkauft. Innoffizielle Stromleitungen werden gegen Geld gelegt.
Offiziell gibt es nicht einmal
Matratzen oder Decken für alle Neuankommenden, aber der UNHCR nutzt, in seiner
Winterspenden Werbung in Deutschland, Fotos von Flüchtlingen vor ihrem Logo, um
die Illusion der Hilfe zu produzieren. Die Realität sieht so aus...
moria |
Was die Volunteers „Olive Groove“
nennen, nennen die Flüchtlinge selbst: „Die
Türkei“,
wer da ist, ist noch nicht
angekommen.
Warten ist die
Hauptbeschäftigung und das Monatelang.
Warteschlangen morgens um 6 um
´ne Literflasche Wasser zu bekommen,
2-3 Stunden mittags um Essen
zu bekommen, das selbe abends.
Warten in einer Schlange bestimmt
den Alltag und hält die Menschen beschäftigt. Es ist politisch gewollt.
Zum Glück sind viele Menschen
auf der Insel die erfolgreich versuchen diese Alltagsstruktur zu durchbrechen, ein
Leben außerhalb der Warteschlangen herzustellen.
Über 80 NGOs/Gruppen gibt es
die Aktivitäten anbieten auf der Insel.
Tageszentren für Mütter mit Kindern,
Schulen in Zelten für Frauen oder für Minderjährige. Duschen für Frauen oder „Home
for All“ bietet täglich Essen in einem selbstverwalteten Restaurant, Gitarren
Unterricht und Schwimmkurse an. Kinderspiele gegenüber von Moria von „Humans for
Humanity“ bis zum „Art Hope Center“ wo Menschen die malen oder Musik machen und
tanzen täglich zusammen und selbstorganisiert
zusammenkommen. „Connect by Musik“ organisiert Musik Unterricht in den Camps
mit den Kindern und Jugendlichen und sie spielen auch Konzerte.
Dschungel Olive Groove |
In Mitilini und um den
Hotspot Moria gibt es mehrere Schulen, für Sprachkurse und Schulunterricht, die
aber nicht so viel Platz wie Anmeldungen haben. Wie das „Mosaik Center“ in der
Stadt, aber auch Gekho Kids , Tapuat Center oder in METAdrasi’s Schulen in
Kara Tepe und Mytilene,
Eine lokale Solidaritätsgruppe bietet täglich Computer Kurse, wöchentliches Schwimmen und Ausflüge
mit den unbegleiteten Minderjährigen aus Moria an.
Der EU - Turkey Deal hat seit
März 2016 aus der Insel ein Gefängnis gemacht. Nur aus den Inseln können die
Menschen abgeschoben werden zurück in die Türkei.
Bei den wöchentlich donnerstags
stattfindenden Abschiebungen per Fähre, zurück in der Türkei, organisiert von Frontex,
sind meistens weniger als 10 Menschen betroffen. Der Deal hält alle auf den
Inseln in den Hotspots fest.
Alle Versprechen, auch vom
neuen Migrations Minister, bis Ende September
viele aus dem Hotspot ans Festland zu bringen, wurden nicht eingehalten. Die
Angst vor neuen Toten aufgrund von Kälte macht sich breit, sogar bei den
Behörden.
Seit Mitte Oktober werden
wöchentlich circa 200 Menschen ans Festland gebracht, aber das wird nicht
sichtbar in dem Hotspot. Viele leben noch in Zelten.
Ende Dezember 18 sind 5.000 Menschen
weggebracht worden, trotzdem ist der Hotspot Moria überfüllt.
Der Hotspot der eigentlich 25
Tage Aufenthalt bedeuten sollte, nur zur Registrierung, ist nach dem EU - Turkey
Deal zu eine Dauerlösung geworden. 700 Angestellte
arbeiten drin und sind Teil des Dauerwartezustands.
Um den Hotspot ist eine kleine Stadt entstanden: Kantinen, Obstverkaufsstände oder Busse aus
denen Kleidung verkauft wird.
Die eritreische Gemeinde nutzt
eine kleine Orthodoxe Kirche für ihre Gottesdienste, Christen aus allen Ländern
treffen sich bei der katholische Kirche im Zentrum der Stadt, diese ist auch zu
einem sozialen Treffpunkt geworden. Beten hilft, wenn keine Hilfe sonst in Sicht
ist.
Die Fußball Mannschaft, FC COSMOS,
aus Menschen die im Hotspot leben, trainiert auf dem Dorffußballplatz und einige
Spieler wurden schon von lokalen Mannschaften abgeworben.
Wenn ich das alles schreibe,
denke ich, es klingt nicht schlecht, es gibt vieles, was die Menschen tun
können. Aber sie sind nicht geflohen um unter unmenschlichen Bedingungen in
Unsicherheit zu Leben. Alle wollen weiter gehen, alle wollen endlich ihren Asylantrag,
ihr Asylinterview hinter sich haben, eine Entscheidung bekommen und weiter
gehen.
Niemand will da sein und seine
Zeit mit Ablenkungen verbringen. Trotzdem, viele nehmen diese Angebote an, weil
es der einzige Weg ist, nicht ständig zu denken und durchzudrehen. Ablenkung
ist die einzige, vor Ort vorhandene Medizin, die wirkt.
Heute sind 4 Boote angekommen,
wieder, es regnet seit Tagen auf Lesvos, die Zelte sind wie Inseln mit Wasser drum
herum, die Kinder rennen mit ihren viel zu großen Latschen und es gibt keine
Aussicht darauf, dass die Situation sich ändert.
Nur das schließen der Hotspots
und konsequentes, schnelles registrieren und weiter aufs Festland schicken, aber
unter besseren Lebensbedingungen, würde die Situation ändern.
Aber das würde gegen die europäische
Politik der Abschreckung, die auf Kosten der Flüchtlinge durchgeführt wird,
sein.
Sie sind nicht willkommen und
sollten das weiter vermitteln an die, die hoffen auch bald anzukommen.
Abends auf der Hafenpromenade
treffe ich Fatima, 94 aus Afghanistan, mit ihrem Sohn, ein Arzt aus Kabul. Sie
waren 1 und halb Monate in Moria bis sie endlich in eine Wohnung in Mitilini
gebracht wurden. Die 94jährige, die ihrer Familie folgen musste, um nicht
allein in Afghanistan zu bleiben. Ihre ganzen Kinder und Enkelkinder sind in
Deutschland, eine Tochter in Hamburg.
Sie war als einzige ohne
Rettungsweste auf dem Boot. Öfters bekommen Ältere keine Weste. Ihr Leben ist nicht
die Kosten einer Rettungsweste wert. Ihr Sohn gab ihr seine. Jetzt leben sie in
Mitilini, ohne große Aussicht zu ihrer restlichen Familie nach Deutschland zu
kommen. Ihre Kinder sind über 18 Jahre und sie gilt, weil in Begleitung ihres
Sohnes, als geschützt in Griechenland.
Europäische Familientrennung
- sogar für 94jährige!
Jetzt ist es Januar, seit gestern schneit es auf Lesvos.
Jetzt ist es Januar, seit gestern schneit es auf Lesvos.
Jeden Tag bekomme ich Nachrichten
von den Freudinnen im Hotspot Moria. Es regnet, es ist kalt, 5 Tage kein Strom.
Sie haben keine Winterkleidung, sie beschweren sich aber nicht.
Sie wünschen mir dass es mir
gut geht und ich wünsche dass es ihnen bald so gut geht, wie uns hier.
Auf dem Schiff, mit dem wir Lesvos
nach Pireus verlassen haben und dann Deutschland weitergefahren sind, reisten
viele glückliche, gerade von den geographische Fesseln befreite Menschen. Sie
machen Selfies, werfen einen letzten Blick auf die Insel und hoffen alles wird
jetzt besser.
Aber nur wir privilegierten Passbesitzer*innen
werden weiterkommen und können dahin gehen wo wir selbst entschieden haben.
Wir werden aber immer wieder
zurückkommen um den Menschen auf der Flucht solidarisch zur Seite zu stehen,
auch um ihnen in der Praxis zu zeigen, dass eine andere Welt möglich sein
könnte. Bis „Freedom of Movement“ Realität wird.
Als ich diesen Text schreibe
kommt die Nachricht, dass ein 24jähriger Kameruner in Moria gestorben ist, ein
Freund von den jungen Frauen. Ein junger Radiojournalist, Vater von einem Baby.
Er wohnte im Zelt , fror seit
tage und bat um ein wärmeren platz. Er war dann in einen Container gegangen,bei
freunden um sich aufzuwärmen. Natürlich sagt der Gerichtsmediziner, dass er
gesundheitliche Probleme hatte und dass er nicht vor Kälte gestorben ist.
Der Leiter von Moria
argumentiert in einem Interview: „Wenn er vor Kälte gestorben ist, warum leben
alle anderen noch?“
Aktualisierung
Shery bekam Transfer und
wurde nach Evia- Agia Anna gebracht, zu einem Campingplatz mit Bungalows in einen
Ferienort der im Sommer blüht und im
Winter tot ist. Die nächste Apotheke ist
1 Stunde zu Fuß, kein Laden in der Nähe. Mit dem Bus, der einmal am Tag kommt,
zur nächsten Stadt ist es über 1 Stunde 40 Minuten.
Ihre beste Freundin Daria
wurde von ihr getrennt und nach Athen in eine Wohnung vom UNHCR gebracht.
Pit, das Folteropfer, der
dringend nach Athen ins Krankenhaus hätte müssen, wurde nach Monate langem
warten in Moria, auch nach Evia transferiert. Seine Medikamente hat er im Bus
verloren, keine Möglichkeit neue zu besorgen, wie gesagt, die Apotheke ist 1
Stunde zu Fuß entfernt vom Camp.
Als er am 31 Dezember mit dem
Bus in die nächste Stadt, ins Krankenhaus, wollte hielt der Busfahrer nicht und
so musste er nach Athen mitfahren und mit Schmerzen den ganze Tag warten, dass
der Bus abends ihn zurück ins Camp bringt.
Verteilt in ganz Griechenland,
auf meistens abgelegene Orte oder Urlaubsdörfer, bis die Tourismus - Saison im
April wieder anfängt. Dann geht die Odyssee der in Griechenland gestrandeten
weiter.
So ist die aktuelle Situation
der Flüchtlinge, die aus Lesvos endlich den langersehnten Transfer haben, oft
kaum ins Positive verändert. Sie sind nur raus aus den Statistiken der Hotspots
verschwunden.
marily stroux-w2eu
Alle Namen wurden zum Schutz der Menschen geändert.
Danke für die aus Hamburg mitgegebenen Spenden, die
das Unterstützen der Menschen möglich
gemacht haben und alle die uns Laptops gespendet haben für die Computer
Kurse: und dadurch hunderte von
Minderjährigen in Moria Zugang zur Außenwelt ermöglichen.
Links
Sapho: Legal Center
DOCUMENTARY –
INADMISSABLE
A documentary
produced by Thraedable in collaboration with the Legal Centre which highlights
the various and severe breaches of human rights on the island of Lesvos.
DOCUMENTARY –
MORIA 35
produced by Joinda
Production in
collaboration with the Legal Centre which chronicles the months of organized
resistance by migrants in Moria Refugee Camp in 2017, prior to the 18 July 2017
violent police raid and arbitrary arrest of 35 men who face trumped up criminal
charges. The “Moria 35” will go to trial in Chios 20 April 2018.
Kriminalisierung
Flucht nach Europa – Lesbos am Limit I Y-Kollektiv Dokumentation
https://www.youtube.com/watch?v=5j760b0JrD0
Radio: https://www.franceculture.fr/emissions/lexpereience/lesbos
Radio: https://www.franceculture.fr/emissions/lexpereience/lesbos
Zahlen:
UNHCR/Dezember
Aegean Boat Report